Hetärenbriefe

Dass sich Freier in Kurtisanen (Häteren) verlieben ist ja an sich nichts Neues. Dass man der Nachwelt solche Liebesbriefe der Griechen in Buchform erhalten wollte ist nachvollziehbar. Dieses „Wollen“ führte zu einem Werk, das man getrost als „Lady Chatterley“ der Zeit des 2. Jahrhunderts n. Chr. bezeichnen könnte.

Aus dieser vergnüglichen Literatur entstand bei Max Söllner die Idee solchen literarischen Darstellungen bildliche Interpretationen folgen zu lassen. Zum literarischen Einfluss gesellt sich aber noch etwas anderes: Söllner fand in alten Setzkästen einer Druckerei eine Menge nicht mehr benötigte, unterschiedliche (Blei-)Buchstaben. Vor dem Druck auf fast transparentes Japanpapier wurden Buchstaben so unterschiedlich kombiniert, dass eine Art Paläografie entstand, die ein flüssiges LESEN unmöglich macht. Beim Lesen der Texte wird einem wegen der fehlenden Paläografie ganz schwindlig. So schwindelig muss es wohl auch den „Briefeschreibern“ gewesen sein, als sie die Briefe an die Hetären verfassten.

Feines, bedrucktes Japanpaier umhüllt fünf Radierungen, die in einer leinenbezogen Kassette ihren Platz finden.

Hetärenbriefe

Briefe von Verliebten & Hetären

Alkiphron:
Thalassoeos an Euploos
Philumene an Kriton
Die Hetären Korinths an die von Athen.

Der ältere Philostratos:
An Diodok
Ohne Überschrift

Radierungen von Max Söllner

Alkiphron war eingriechischer Rhetor und Sophist des 2. Jahrhunderts n. Chr. Vermutlich angeregt durch die Hetärengespräche Lukians verfasste er eine Sammlung fiktiver Briefe, von denen 124 (118 vollständig und 6 fragmentarisch) publiziert worden sind.
Quelle: Wikipedia

Philostratos Flavius Philostratos ist der bekannteste von vier als Philostratos von Lemnos bezeichneten griechischen Sophisten, die im 2. und 3. Jahrhundert lebten.
Quelle: Wikipedia

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Hetärenbriefe

Thalasseros an Euploos

Eitel o mein Euploos, sind Deine Erwähnungen mir gegenüber. Unmöglich kann ich von dem Mädchen lassen, da ich dem gebieterischen Winke des Gottes gehorsam, der mit Fackel und Bogen bewaffnet ist. Eros ist uns Fischern ja ganz zu eigen und verschwistert; die Göttin, die dem Meere entstieg gebar den Knaben, also ist Eros von mütterlicher Seite der Unserige.

Von ihm verwundet freue ich mich am Meeresgestade des Umgangs mit meiner Geliebten und wähne in Ihr eine Panope oder Galathea zu besitzen, die der Nereiden reizenste sind.

Nereiden
Nereïden sind in der griechischen Mythologie die 50 Töchter des Nereus und der Doris. Sie sind Nymphen des Meeres, die Schiffbrüchige beschützen und Seeleute mit Spielen unterhalten.

Panope
Panope ist auch der Name einer der Töchter von Thespius und Megamede. Sie gebar Herakles einen Sohn, Threpsippas.

Galateia ist eine Nymphe der griechischen Mythologie. Sie ist eine der Nereiden, also eine Tochter des Nereus und der Doris

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Hetärenbriefe

Philumeneon an Kreiiton.

Was kann das ewige Geschreibsel und dein
Jammern frommen?
Kurz und gut: fünfzig Goldstück, muss ich haben,
Briefe brauche ich nicht.
Liebst Du mich, so beschenke mich;
bist Du aber ein Geizkragen, so lass´ mich in Ruhe.
Lebe wohl.

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Hetärenbriefe

Die Hetären Korinths an die von Athen.

Habt ihr schon das Allerneueste gehört? Habt ihr den Namen der neuesten Hetäre vernommen? O, welch Bollwerk ist gegen uns errichtet worden?

Lais, die vom Maler Apelles wie ein wildes Tierunter die Kandare genommen wurde. Ihr armen Biester macht euere Lustweiden zu oder lasst euch lieber gleich begraben!

Ein einziges Weib hält ganz Griechenland in Spannung, ein Einziges! Lais in den Barbierstuben, Lais in den Theatern, in den Versammlungen, in den Gerichtssitzungen, in dem Rate, überall!

Die Stummen winken sich ihre Schönheit zu: So wird Lais auch für die zur Zunge, die nicht reden können. Angezogen beut (bietet) sie das köstliche Anlitz, ausgezogen aber scheint sie ganz Gesicht zu sein, weder zu mager noch zu dick, sondern was wir schlänküppig nennen. Ihre von Natur lockigen, ohne Kunstmittel blonden Haare fließen weich über die Schulterblätter hinab.

Bei Artemis, Ihre Augen sind schöner gerundet als der Vollmond, und dunklen Pupillen sind pechschwarz und das Weiß ringsum schneeweiß….

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Hetärenbriefe

Ohne Überschrift

Lieben ist keine Krankheit, sondern nicht lieben.
Denn wenn Lieben vom Sehen aus geht,
so sind die, die dann nicht lieben ,
mit Blindheit geschlagen.

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Hetärenbriefe

An Diodok

Kernlose Granatäpfel bauten die Erythraeer in Ihren Gärten;
sie geben einen lieblichen Trank wie Trauben, die in Guter Lage wachsen.
Ihrer zehn habe ich abgepflückt und schicke sie dir.
Wenn du speist, genieße sie als Wein,
wenn du trinkst, als Speise.

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Hetärenbriefe

Diese Kassette mit Briefen von Verliebten und Hetären und fünf OriginalRadierungen erscheint als ein Privatdruck in einer Auflage von 28 nummerierten und signierten Exemplaren.

Der Text wurde auf Japan-Seidenpapier, die Radierungen auf Kupferdruckbütten in Handabzügen gedruckt.

Typografie, Radierungen und Druck von Max Söllner.

Dieses Exemplar trägt die Nummer 23

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